Raumplanungsrecht § Definition, Aufgaben, Ziele & Umsetzung
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- Das Wichtigste in Kürze
- Unter Raumplanung sind gezielten Massnahmen des Staates auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene zu verstehen, welche die Art und Weise der Bodennutzung steuern
- Die konkrete und strategische Raumplanung wird durch die Kantone und Gemeinden übernommen
- Die wesentlichen Raumplanungsgrundsätze sind auf Bundesebene im Rahmen des Raumplanungsgesetzes (RPG) geregelt
- Das Raumplanungsgesetz legt die Grundsätze des Raumplanungsrechts fest. Diese Grundsätze liegen auch den kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzen, Richtplänen oder Nutzungsordnungen zugrunde
Rechtslage zum Raumplanungsrecht
Das Raumplanungsrecht setzt sich aus allen Rechtsnormen und verbindlichen Plänen zusammen, die den Erhalt oder die Veränderung des Schweizerischen Lebensraums zum Gegenstand haben. Dieses Recht wird im Rahmen des Raumplanungsgesetzes in Art. 75 der Bundesverfassung geregelt.
Das Raumplanungsrecht wie wir es heute kennen, hat sich dabei aus dem Baupolizeirecht entwickelt. Seine „ersten Schritte“ unternahm in Form von ersten, eher groben Siedlungsplanung Ansätzen in den 1920er Jahren. Die Entwicklung des raumplanungsrechtsverlief dabei von ersten Zonenplänen auf kommunaler Ebene bis hin zu schweizweiten Zonenplänen auf Bundesebene.
Auch die bundesweit geltenden Zonenpläne mussten allerdings ohne gesetzliche Vorgaben von den Gemeinden „in Eigenregie“ umgesetzt werden. Mit der Zeit zeigte sich, dass diese Form der Raumplanung nicht dazu geeignet war, den Lebensraumveränderungen in der Schweiz ausreichend zu begegnen. Der fortschreitende räumliche Wandel verursachte verschiedene Probleme – und war der Grund dafür, dass die Bevölkerung 1969 für einen Verfassungsartikel stimmte, der dem Bund die Kompetenz für das Raumplanungsrecht zusprach. In Form von Art. 75 der Bundesverfassung war dieser Verfassungsartikel die Grundlage für das erste Schweizerische Raumplanungsgesetz (RPG), das schliesslich 1980 in Kraft trat. Seither ist das Raumplanungsgesetz (RPG) ein Schweizer Bundesgesetz und regelt die Raumentwicklung in der gesamten Schweiz.
Definition der Raumplanung
Unter dem Begriff der Raumplanung ist das gezielte planerische Einwirken auf ein bestimmtes Gebiet zu verstehen. Die planerische Einwirkung erfolgt durch die öffentliche Hand (Bund, Kantone und Gemeinden) und hat dabei zum Ziel, das Gebiet möglichst sinnvoll zu nutzen. Ein wesentlicher und besonders wichtiger Teil der Raumplanung ist die sogenannte Boden Nutzungsplanung. Sie gibt vor, auf welche Weise einzelnen Landflächen genutzt werden dürfen und koordiniert so die landschaftliche Entwicklung in der Schweiz.
Die öffentliche Hand legt dabei fest, welche Nutzung eines bestimmten Gebiets sinnvoll und erwünscht ist. Um die sinnvolle Nutzung sicherzustellen, kann sie etwa das Bauen in bestimmten Gebieten untersagen. Selbstverständlich erfolgt die Raumplanung nicht willkürlich. Vielmehr ist sie ökologisch ausgerichtet und versucht, örtlich auftretende Probleme auszugleichen. Mit dem Raumplanungsrecht werden daher übergeordnete Aufgaben und Ziele verfolgt.
Aufgaben und Ziele des Raumplanungsrechts
Gestützt auf Art. 75 der Bundesverfassung hat das Raumplanungsgesetz insbesondere zum Ziel, die haushälterische Bodennutzung sicherzustellen. Ausserdem soll es natürliche Grundlagen schützen und die geordnete Besiedlung und die wirtschaftlichen Bodennutzung miteinander in Einklang zu bringen. Der Grund hierfür: Schon seit längerer Zeit schreitet der Landschaftswandel innerhalb der Schweiz rasch voran. Hauptgründe für die Veränderungen sind insbesondere das Siedlungswachstum, der intensive Ausbau von Energie- und Verkehrsinfrastrukturen sowie Eingriffe in natürliche Gewässerverläufe. Solche Eingriffe in den Lebensraum finden statt, weil der Mensch den begrenzt vorhandenen Boden – genauso wie die Luft und das Wasser – immer effektiver und intensiver nutzen möchte.
Dabei problematisch: Boden steht nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Gleichzeitig werden die Nutzungsansprüche der Menschen an den verfügbaren Boden aber immer umfangreicher – Hieraus entwickeln sich ganz automatisch Interessenkonflikten. Sie werden umso grösser, je begrenzter der verfügbare Lebensraum ist. Aufgabe des Raumplanungsrechts ist es daher, die sich bei der Lebensraumnutzung ergebenden Probleme und Konflikte zu lösen und Nutzungsansprüche zu koordinieren. Die wichtigsten Aufgaben, mit denen sich die Raumplanung befasst, sind dabei folgende:
- Haushälterische Nutzung des Bodens
- Anstreben einer bestimmten räumlichen Entwicklung
Die haushälterische Nutzung des Bodens
Die Ziele und Grundsätze der Schweizerischen Raumplanung werden durch das Raumplanungsgesetz bestimmt. Als oberstes Ziel in dem Gesetz die haushälterische Nutzung des Bodens definiert. Damit ist gemeint: In der Schweiz stehen nur begrenzte Landesfläche, die für eine intensive Nutzung geeignet sind, zur Verfügung. Das Gesetz bestimmt daher, dass mit diesen Flächen sorgsam umzugehen ist. Das hat unter anderem zur Konsequenz, dass der Flächenverbrauch einzuschränken und vorhandene Siedlungen zu verdichten und umzunutzen sind. Ausserdem meint die „haushälterische Bodennutzung“, dass verschiedene Gebiete und ihre erlaubte Bodennutzungen aufeinander abzustimmen sind. Hieraus ergibt sich etwa, dass gut erschlossenen Siedlungsgebiet auszubauen, statt mehrere verstreuter Kleinsiedlungen zu errichten sind.
Das Anstreben einer bestimmten räumlichen Entwicklung
Das Raumplanungsrecht kann die Probleme, die aufgrund der intensiven Bodennutzung bereits entstanden sind, nicht sofort lösen. Allerdings kann es auf eine bestimmte Entwicklung bei der Bodennutzung hinarbeiten. Damit alle Behörden, die an der Raumplanung beteiligt sind, auf die gleichen Ziele hinarbeiten, wurden die „Grundzüge der Raumordnung Schweiz“ auf Bundesebene sowie verschiedene Richtpläne auf kantonaler Ebene festgeschrieben.
Sie sollen alle beteiligten Behörden dazu anleiten, bei allen Entscheidungen bestimmte übergeordnete Ziele zu beachten. Zu diesen übergeordneten Zielen gehört insbesondere das Hinwirken auf kompakten Siedlungsgebiete. Die Vermeidung der Zersiedelung dient dabei zum einen dazu, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Zum anderen soll so aber auch die Umwelt geschützt und die Natur erhalten werden. Zusätzlich dazu strebt die Raumplanung auch die Förderung benachteiligter Regionen sowie sinnvolle Entscheidungen bei Wohnungsbau und Agrarpolitik an.
Wer setzt die Ziele des Raumplanungsrechts um?
Seit der Aufnahme des Raumplanungsartikel in die Bundesverfassung hat der Bund die grundsätzliche Gesetzgebungskompetenz bezüglich der Raumplanung. Die Umsetzung der Pläne des Bundes wird jedoch im Wesentlichen an die Kantone und weiter an die Gemeinden delegiert. Dementsprechend gestaltet sich die Schweizerische Raumplanung oft komplex und setzt eine enge Zusammenarbeit von Bund, Kantone und Gemeinden voraus. Alle Beteiligten müssen ihre raumwirksamen Tätigkeiten nämlich genau aufeinander abstimmen. Welche Akteur dabei welche Raumplanungsaufgaben übernimmt, regelt das Bundesgesetz. Aus ihm ergibt sich folgende Aufgabenverteilung:
Die Rolle des Bundes in der Raumplanung
Auf Bundesebene ist für die Raumplanung das Bundesamt für Raumentwicklung ARE verantwortlich. Allerdings beschränkt sich der Bund bei der Gesetzgebung zur Raumplanung auf den Erlass von Grundsätzen. So bleibt der Gesetzgebungsspielraum der Kantone erhalten. Lediglich besonders wichtige Bereich der Raumplanung darf der Bund direkt selbst regeln. Zu diesen wichtigen Bereichen zählen etwa:
- Der Grundsatz der Trennung von Nichtbaugebieten und Baugebiet
- Die Zielvorstellungen und Grundsätze der räumlichen Planung
- Planungsinstrumente und Verfahrensregeln
- Die Bewilligungspflicht für Bauten und Anlagen
- Die Bauzonengrössen oder
- Die Sicherstellung der Baulanderschliessung
Darüber hinaus fördert der Bund die Raumplanung der Kantone durch Genehmigung von kantonalen Richtplänen. Ausserdem berücksichtigt er die Raumplanung bei der Erfüllung sämtlicher Bundesaufgaben.
Die Rolle der Kantone im Raumplanungsrecht
Wie in der Bundesverfassung verankert, obliegt den Kantonen, die eigentliche Raumplanung. Hierzu erlassen die Kantone Raumplanungs- und Baugesetze und erstellen einen kantonalen Richtplan. Die Bau- und Raumplanungsgesetze der Kantone dienen dazu, die durch das Bundesgesetz festgelegten Raumplanungsgrundsätze zu konkretisieren. Sie regeln daher insbesondere das öffentliche Baurecht, das Strassenbaurecht sowie das Recht der Baulandumlegung.
Ausserdem fertigen die Kantone den kantonale Richtplan als zentrales Raumplanungsinstrument aus. Der Richtplan bedarf der Genehmigung durch den Bundesrat und legt fest, wie in einem Kanton die raumwirksame Tätigkeiten von Bund, Kanton und Gemeinden aufeinander abgestimmt wird. Der kantonale Richtplan ist dabei allerdings keine reine „Wunschliste“. Vielmehr legt er konkret fest, wie das Kanton mit Themen wie dem öffentlichen Verkehr oder dem Naturschutz umzugehen gedenkt. Spätestens alle 10 Jahre werden die Richtpläne erneuert und angepasst.
Die Rolle der Gemeinden im Raumplanungsrecht
In den meisten Kantonen der Schweiz ist die Gemeindeautonomie hoch entwickelt. Entsprechend wird die von den Kanton für das gesamte Territorium festgelegte, behördenverbindliche Richtplanung von den Gemeinden eigenverantwortlich umgesetzt. Das bedeutet: Die Gemeinde entscheidet letztendlich, wie die Planungen des Kantons im konkreten Einzelfall und etwa gegenüber einem Grundeigentümer umzusetzen ist. Aufgabe der Gemeinde ist es daher auch, einen sogenannten Nutzungsplan zu erstellen. Darin werden Baugebiete von Nichtbaugebieten abgrenzt, Landwirtschaftszonen festgelegt oder über Art und Mass der baulichen Nutzung in einer Bauzonen entschieden. Die durch die Gemeinde erstellten Nutzungspläne müssen mit den Vorgaben aus dem Bundesgesetzes über die Raumplanung und der Richtplanung der Kantone in Einklang sein.
Wie kann ein Anwalt bei Fragen des Raumplanungsrechts weiterhelfen?
Obwohl der Gegenstand und die Aufgaben des Raumplanungsrechts abstrakt klingen: Auch als Privatperson sind Sie mit dem Raumplanungsrecht konfrontiert. Möchten Sie ein Grundstück erwerben und es später bebauen, muss Ihr Vorhaben mit raumplanungsrechtlichen Zielen und Vorgaben der Gemeinde, des Kantons und des Bundes vereinbar sein. Konkret bedeutet das: Obwohl Sie Eigentümer eines Grundstücks sind, können Sie damit nicht nach Belieben verfahren und es mit einem Wohnhaus oder einer Fabrikhalle bebauen. Vielmehr müssen Sie die raumplanungsrechtlichen Vorschriften der Gemeinde, des Kantons und letztendlich auch des Bundes respektieren.
Für Sie als Grundeigentümer kann das weitreichende Konsequenzen haben: Haben Sie sich vor dem Grunderwerb nicht ausreichend über die örtlich geltenden Vorschriften informiert, kann sich Ihr Grundstück nachträglich als nicht bebaubar erweisen. Sehen Sie sich mit Fragen konfrontiert, die die Nutzung eines Grundstücks, einen Bau oder die Umgestaltung von vorhandenen Gebäuden betreffen, ist es sinnvoll einen Anwalt zu konsultieren. Der Anwalt Ihnen herauszufinden, ob Vorschriften Ihrem Vorhaben entgegenstehen bzw. wie Sie Ihr Vorhaben an Vorschriften anpassen können. Kompetent beraten wird es Ihnen möglich, Ihr Vorhaben zu realisieren und Ihr Eigentum bestmöglich zu nutzen.
FAQ: Raumplanungsrecht
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