Baurechtsmodelle § Rechtslage, Definition & Einfluss auf Baurechtszins
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Wird ein Baurechtsvertrag abgeschlossen, gehen Baurechtsnehmer und Baurechtsgeber eine sehr langfristige vertragliche Bindung ein. Schliesslich wird ein Grossteil aller Baurechtsverträge für 70 oder mehr Jahre abgeschlossen. Die ausserordentlich lange vertraglich Bindung bringt dabei nicht lediglich Sicherheiten für beide Vertragsparteien mit sich. Vielmehr macht sie es schwierig, eine langfristig gerechte Gegenleistung für die Einräumung des Baurechts zu vereinbaren. Es gibt jedoch verschiedene Baurechtsmodelle, die hier eine Lösung und entsprechende Regelungen zum Baurechtszins bereithalten.
- Das Wichtigste in Kürze
- Baurechtsmodelle geben eine Hilfestellung bei der Bemessung des Baurechtszinses
- Zu den Baurechtsmodellen gehören das Basler und das Zürcher Baurechtsmodell
- Die Vertragsparteien sind nicht dazu verpflichtet, ein bestimmtes Baurechtsmodell bei ihrer Vertragsgestaltung anzuwenden. Sie können den Baurechtszins auch frei vereinbaren
Rechtslage Baurechtsmodelle und Einfluss auf den Baurechtszins
Baurechtsmodelle sind vertragliche Lösungsmodelle, die regeln, wie Vorteile und Lasten in Zusammenhang mit einem eingeräumten Baurecht behandelt werden sollen.
Sie haben Einfluss auf die Baurechtszinsen sowie auf die Heimfallentschädigung (Art. 779d ZGB), die in Zusammenhang mit einem Baurecht (Art. 779 ZGB) anfallen. Um zu verstehen, wozu die verschiedenen Modelle im Baurecht dienen, ist es wichtig zu wissen, was sich hinter dem Begriff des Baurechts überhaupt verbirgt.
Definition des Baurechts
In der Schweiz trifft das Zivilgesetzbuch (ZGB) eindeutige Regelungen zu den Eigentumsverhältnissen – insbesondere zu den Eigentumsverhältnissen an Land und Gebäuden liegen genaue Regelungen vor. Grundsätzlich sehen diese vor, dass der Landeigentümer auch Eigentümer der auf seinem Land errichteten Gebäuden sein soll. Das bedeutet: Selbst dann, wenn eine fremde Person auf Ihrem Grund ein Bauwerk errichtet und selbst für den Bau aufkommt, werden Sie als Eigentümer der Liegenschaft automatisch Eigentümer des errichteten Gebäudes. Diesen Vorgang nennt man auch das Akzessionsprinzip.
Diese Eigentumsregelung ist allerdings nicht immer gewünscht. Schliesslich besteht die Möglichkeit, dass ein Grundeigentümer einem anderen die Möglichkeit einräumen möchte, vorhandenes Land mit ihm gemeinsam zu nutzen. Der Mitnutzer hat dabei selbstverständlich ein Interesse daran, selbst Eigentümer der von ihm errichteten Gebäude zu werden. Genau für diese Fälle hält das Gesetz das in Art. 779 ZGB ff. geregelte Baurecht bereit.
Das Baurecht stellt eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Landeigentümer und einem Dritten dar, die das Akzessionsprinzip durchbrechen kann: Wird das Baurecht vertraglich eingeräumt, gestattet der Grundeigentümer einem Dritten, einen festgelegten Teil seines Landes mitzubenutzen. Der Baurechtsgeber ist weiterhin Eigentümer des Bodens, gestattet dem Baurechtsnehmer jedoch, bauliche Anlagen auf seinem Grund zu erstellen. Eigentümer der baulichen Anlagen wird allerdings nicht der Grundeigentümer, sondern der Baurechtsnehmer selbst. Bei Bauvorhaben mit beteiligten Privatpersonen regelt das zivile Baurecht die Rechtsverhältnisse.
Der Baurechtsvertrag wird entgeltlich und zeitlich befristet geschlossen
Wird ein Baurecht vertraglich eingeräumt, fallen Grund- und Gebäudeeigentum auseinander. Der Baurechtsnehmer erhält die Möglichkeit, ein eigenes Gebäude auf fremdem Grund zu errichten. Selbstverständlich ist das Errichten eines Gebäudes dabei für den Baurechtsnehmer mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden. Könnte der Grundeigentümer das Baurecht nach kurzer Zeit widerrufen, würden sich diese Investitionen für den Baurechtsnehmer nicht lohnen.
Dementsprechend wird werden Baurechte stets mit einer bestimmten Mindestdauer vereinbart. Je nach Baurechtsart beträgt diese zumindest 10 Jahre. Gleichzeitig soll das Baurecht das Eigentum des Baurechtsgebers an seinem Land aber nicht komplett aufheben. Darum gilt für Baurechte eine Maximaldauer von 100 Jahren. Während dieser Zeit ist der Baurechtsnehmer dazu verpflichtet, dem Baurechtsgeber eine angemessene Entschädigung für die ihm eingeräumte Land Nutzungsmöglichkeit zu zahlen. Diese Entschädigung wird als Baurechtszins bezeichnet. In der Praxis gestaltet sich die Bemessung des Baurechtszinses oft problematisch. Die angesprochene Baurechtsmodelle sollen jedoch bei der Lösung der auftretenden Bemessungsprobleme weiterhelfen.
Baurechtsvertrag: Die Ermittlung des Baurechtszinses ist oft schwierig
Wird ein Baurecht vereinbart, gibt der Baurechtsgeber einen Teil seines Grundes quasi auf und erlaubt einem anderen (dem Baurechtsnehmer), das Land wie sein Eigentum zu bebauen. Hierfür steht dem Baurechtsgeber eine angemessene Nutzungsentschädigung in Geld. Wie hoch der entsprechende Zins ausfallen soll, wird im Baurechtsvertrag festgelegt und meist in bestimmten Zeitabständen angepasst. In der Praxis gestaltet sich jedoch die Festlegung seiner Höhe aus folgenden Gründen oft schwierig:
Da Baurechte meist für eine lange Zeit eingeräumt werden, kann der Baurechtszins nicht für die gesamte Vertragsdauer fest vereinbart werden – hierdurch würde eine der Vertragsparteien langfristig benachteiligt werden. Es gibt daher Ansätze zur Ermittlung des Baurechtszinses, die dessen Höhe etwa an aktuelle Landpreise oder den geltenden Hypothekarzinssatz (also an die Kosten, die für ein Hypothekardarlehen anfallen) knüpfen. Bei genauerem Hinsehen kann jedoch auch das zu Problemen führen.
Hierzu ein Beispiel: Wäre der Baurechtszins bei einem vor 40 Jahren geschlossenen Baurechtsvertrag allein an die Landpreisentwicklung geknüpft worden, hätte er sich heute versiebenfacht. Wäre der Zins hingegen an die Hypothekarzinsen gebunden worden, wäre er im selben Zeitraum um zwei Drittel gesunken. Hieran zeigt sich, dass die Vereinbarungen zum Baurechtszins einschneidende Konsequenzen sowohl für Baurechtsgeber als auch für den Baurechtsnehmer haben können. Um die Problematik aufzulösen, sind mehrere Modelle des Baurechtsvertrags entstandenen, die individuelle Wege zur Ermittlung des Baurechtszinses vorsehen. Man unterscheidet dabei zwischen:
- Konventionellen Baurechtsmodellen
- dem Basler Baurechtsmodell und
- dem Zürcher Baurechtsmodell
Auf die Besonderheiten der verschiedenen Modelle wollen wir im Folgenden näher eingehen.
Konventionelle Baurechtsmodelle und ihr Einfluss auf den Baurechtszins
Bei konventionellen Baurechtsmodellen bzw. Baurechtsverträgen wird zur Ermittlung des Baurechtszinses der Verkehrswert des Grundes mit dem aktuell geltenden Hypothekarzinssatz multipliziert. So wird der jährlich anfallende Zins für die Baurechte ermittelt. Um diesen „auf dem neuesten Stand“ zu halten, muss die Berechnung in festgelegten Zeitabständen wiederholt werden.
Bei dieser Berechnungsweise oft allerdings problematisch: Die Berechnung des Baurechtszinses insbesondere unter Berücksichtigung des Wert des Grundstücks soll sicherstellen, dass der Baurechtszins an eine eventuelle Wertsteigerung des Grundes angepasst wird und der Baurechtsgeber einen angemessenen Ausgleich erhält. Nicht berücksichtigt werden jedoch die mit der Liegenschaft erzielbaren Erträge. Das kann bedeuten: Ist der Landwert zwar gestiegen, lassen sich mit der Liegenschaft und ihren Gebäuden aber aus bestimmten Gründen keine hohen Mieterträge erzielen, muss der Baurechtsnehmer einen unangemessen hohen Zins für die Baurechte zahlen.
Das Basler Baurechtsmodell
Das Basler Baurechtsmodell wird oft auch „partnerschaftliches Modell“ genannt. Es basiert auf der Idee, dass Baurechtsnehmer und Baurechtsgeber im Rahmen des Baurechtsvertrags gleichberechtigte Partner sein sollen. Dieser Idee entsprechend sollen sie Risiken und Vorteile, die sich aus dem Baurecht ergeben, gerecht miteinander teilen. Die Aufteilung erfolgt dabei proportional zu den Werten, die beiden Parteien in den Baurechtsvertrag einbringen. Der Baurechtsnehmer bringt Investitionen in Form von Gebäuden ein. Der Baurechtsgeber hingegen bringt den Landwert ein. Dementsprechend wird der Baurechtszins anhand des Nettoertrags der Liegenschaft (der um Betriebs-, Unterhaltskosten, Verwaltungskosten und Abschreibungen gekürzte erzielbare Jahresertrag der Liegenschaft) multipliziert mit dem relativen Landanteil ermittelt.
Baurechtszins = (Nettoertrag x Landwert) / Landwert + Gebäudewert
Vor – und Nachteile des Basler Baurechtsmodells
Das Basler Baurechtsmodell bringt insbesondere für den Baurechtsnehmer einige Vorteile mit sich. Ganz ohne Nachteile kommt es allerdings nicht aus: Für den Baurechtsnehmer wirkt sich insbesondere Vorteilhaft aus, dass die mit dem Land erzielbaren Erträge (z.B. in Form von Mieteinnahmen) bei der Berechnung des Baurechtszinses berücksichtigt werden. So können seine Erträge und der zu zahlende Zins nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen. Nachteilig ist hingegen: Der Zins muss recht häufig neu berechnet werden. Die Berechnung ist dabei aufwändig und nicht immer einfach. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass weder der Gebäudewert noch der Landwert leicht ermittelbar sind. Bei der Festlegung der einzelnen Kennzahlen kann es darum zu Konflikten zwischen den Parteien kommen.
Das Zürcher Baurechtsmodell
Das Zürcher Baurechtsmodell wird auch „Modell der Einmalzahlung“ genannt und verdankt seinen Namen dem Modellgebrauch insbesondere im Kanton Zürich. Im Vergleich zum Basler Baurechtsmodell erfolgt die Ermittlung des Baurechtszinses hier auf recht einfache Weise: Beim Zürcher Modell entrichtet der Baurechtsnehmer einmalig eine Zahlung bezüglich des zukünftig geschuldeten Baurechtszinses.
Die Höhe der Zahlung richtet sich nach dem aktuellen Gegenwert (dem Barwert) aller zukünftig geschuldeter Baurechtszinsen. Bei der Berechnung des Zinses muss der aktuelle Wert des Landes sowie die zukünftig zu erwartende Wertentwicklung während der Dauer des Baurechts berücksichtigt werden. Ist die Höhe des insgesamt geschuldeten Zinses so ermittelt, ist der Baurechtszins direkt und in einer Summe zu zahlen. Dementsprechend kann das Zürcher Modell auch als „Kauf des Bodens für begrenzte Zeit“ verstanden werden.
Die Vor- und Nachteile des Zürcher Baurechtsmodells
Kommt das Zürcher Modell zur Anwendung, wirkt sich besonders positiv aus, dass die Kosten für den Baurechtszins für die gesamte Laufzeit des Baurechts bekannt sind. Ein nachträglicher Anstieg des Zinses ist ausgeschlossen. Ausserdem sind spätere Anpassungen und Neuberechnungen nicht erforderlich. Nachteilig ist jedoch, dass der Baurechtsnehmer den gesamten Zins für die Baurechte als Einmalzahlung leisten muss. Hierzu ist viel Eigenkapital nötig.
Wie kann ein Anwalt bei Fragen zu den Baurechtsmodellen weiterhelfen?
Die verschiedenen Baurechtsmodelle können eine Hilfestellung bieten, wenn es um die Festlegung des Baurechtszinses geht. Allerdings sind die Vertragsparteien nicht dazu verpflichtet, ein bestimmtes Baurechtsmodell anzuwenden. Prinzipiell können sie den Zins untereinander frei vereinbaren. Es liegt auf der Hand, dass sich bei der freien Vereinbarung des Baurechtszinses wie auch bei der Anwendung eines bestimmten Modells Schwierigkeiten ergeben können.
Zum einen fällt es oft nicht leicht, Landwert, Gebäudewert und andere Kennziffern selbst zu ermitteln. Zum anderen kann auch die Neuberechnung des Baurechtszinses Konfliktpotential bergen. In diesem Zusammenhang erscheint es darum sinnvoll, bei der vertraglichen Ausgestaltung des Baurechts einen Anwalt zu konsultieren. Dieser kann zum einen dabei helfen, den Baurechtszins frei zu vereinbaren. Ausserdem kann er die Vertragsparteien bei der Neuberechnung des Zinses oder bei der Wahl des passenden Baurechtsmodells beratend unterstützen.
FAQ: Baurechtsmodelle
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