Stockwerkeigentümerversammlung § Rechtslage, Regeln & Aufgaben
- Redaktion
- Lesezeit: ca. 6 Minuten
- Teilen
- 3 Leser fanden diesen Artikel hilfreich.
- Das Wichtigste in Kürze
- Die Stockwerkeigentümerversammlung setzt sich aus allen Stockwerkeigentümern zusammen
- Sie entscheidet über Verwaltungshandlungen und bauliche Massnahmen rund um die gemeinsam genutzte Liegenschaft
- Im Zuge der abgehaltenen Sitzungen können Konflikte und Unstimmigkeiten beigelegt werden
- Der Gesetzgeber gibt vor, dass die Eigentümerversammlung mindestens einmal jährlich abzuhalten ist
Rechtliche Grundlagen zur Stockwerkeigentümerversammlung
Die Stockwerkeigentümerversammlung ist das einzige gesetzlich vorgeschriebene Organ in der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ihre gesetzlichen Grundlagen finden sich in den Art. 712m bis 712p ZGB. Gemäss Art. 712m Abs. 2 ZGB sind ergänzend ausserdem die Bestimmungen des Vereinsrechts auf die Stockwerkeigentümerversammlung anwendbar.
Die Stockwerkeigentümerversammlung setzt sich aus allen Stockwerkeigentümern zusammen, die eine Wohneinheit an einer gemeinsam genutzten Immobilie erworben haben.
Das bedeutet: Kaufen Sie eine Eigentumswohnung, werden Sie automatisch Mitglied einer Stockwerkeigentümergemeinschaft, da sie Stockwerkeigentum erworben haben. Aufgabe der Stockwerkeigentümerversammlung ist es, über Verwaltungshandlungen sowie bauliche Massnahmen rund um die gemeinsam genutzte Liegenschaft zu entscheiden. Je nach Geschäft muss mit dem absoluten Mehr, dem qualifizierten Mehr oder einstimmig über die fraglichen Anliegen entscheiden. Welches Mehr für welches Geschäft erforderlich ist, legt Artikel 647 ZGB fest.
Kann die Stockwerkeigentümerversammlung eine bestimmte Entscheidung mit einfachem Mehr treffen, findet das für Vereine geltende Kopfstimmrecht Anwendung. Das bedeutet: Jedes Mitglied hat nur eine Stimme. Das gilt auch dann, wenn ein Stockwerkeigentümer mehrere Einheiten (z. B. Wohnungen) oder eine besonders hohe Wertquote auf sich vereinigt. Es kann also passieren, dass Ihnen nur eine Stimme zusteht, obwohl Sie Eigentümer mehrerer Wohnungen sind.
Entscheidungen der Eigentümer
Die Stockwerkeigentümerversammlung stellt das einzige Willensbildungsorgan der Eigentümergemeinschaft dar. Ihre Aufgabe ist es, gemeinsam über bauliche Massnahmen und Verwaltungshandlungen rund um die gemeinsam genutzte Liegenschaft zu entscheiden. Je nach Abstimmung über Massnahmen wird die absolute Mehrheit, qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit für Entscheidungen benötigt. In Artikel 642 ZGB wird geregelt, welche Mehrheit je nach Geschäft erforderlich ist, damit Massnahmen umgesetzt werden können. Zu den wichtigsten Entscheidungen gehören bauliche Massnahmen und Verwaltungshandlungen.
Bauliche Massnahmen
Unter baulichen Massnahmen rund um eine Liegenschaft sind alle Arbeiten zu verstehen, die über einfache Reparaturen hinausgehen. Je nachdem, um welche Art von baulichen Massnahmen es sich handelt, sind zur Beschlussfassung durch die Stockwerkeigentümerversammlung unterschiedliche Quoren notwendig:
- Notwendige bauliche Massnahmen sind solche, die den Wert der Liegenschaft erhalten. Notwendig kann etwa die Erneuerung der Hausfassade sein. Notwendige bauliche Massnahmen können mit dem absoluten Mehr beschlossen werden.
- Nützliche bauliche Massnahmen haben eine Wertsteigerung der Liegenschaft zur Folge. „Nützlich“ kann etwa die energieeffiziente Renovation eines Gebäudes oder der Einbau eines Fahrstuhls sein. Nützliche bauliche Massnahmen können mit einem qualifizierten Mehr beschlossen werden.
- Luxus Baumassnahmen sind Arbeiten, die mehr als eine „gewöhnliche“ Wertsteigerung der Liegenschaft zur Folge haben. Luxuriöse Massnahmen können etwa der Bau eines Schwimmbads oder die Verwendung besonders edler Materialien für bestimmte Arbeiten sein. Luxus Baumassnahmen müssen einstimmig beschlossen werden.
Verwaltungshandlungen
Die Stockwerkeigentümerversammlung muss über Verwaltungshandlungen entscheiden und sie vornehmen. Üblicherweise gibt die Eigentümerversammlung viele Verwaltungsaufgaben an einen externen Hausverwalter ab – hierzu ist sie allerdings nicht verpflichtet. Zu den Verwaltungshandlungen, mit denen sich die Eigentümerversammlung beschäftigen muss, gehören:
Notwendige Verwaltungshandlungen
Hierzu zählen alle Geschäfte, die vorgenommen werden müssen, damit die Liegenschaft nutzbar bleibt. Zu den notwendigen Verwaltungshandlungen gehört etwa die Zahlung der Gebäudeversicherung. Mit der Vornahme notwendiger Verwaltungshandlungen wird regelmässig ein Hausverwalter beauftragt. Wurde jedoch kein Verwalter bestimmt, entscheidet die Stockwerkeigentümerversammlung mit absolutem Mehr über auftretende Fragen.
Dringliche Verwaltungshandlungen
Diese fallen an, wenn aufgrund überraschender Ereignisse schnelles Handeln erforderlich ist. Das kann etwa nach Eintritt eines Elementarschadens der Fall sein. Sofern sich die Eigentümergemeinschaft nicht dazu entschieden hat, einen Verwalter einzusetzen, der diese Verwaltungshandlungen übernimmt, kann jeder Stockwerkeigentümer dringliche Verwaltungshandlungen selbst und ohne Rücksprache mit den übrigen Eigentümern vornehmen.
Gewöhnliche Verwaltungshandlungen
Sind etwa die Beauftragung eines Handwerkers mit kleineren Reparaturen. Für solche Aufgaben ist regelmässig der Hausverwalter zuständig. Ist kein Verwalter bestimmt, kann jeder Eigentümer eines Stockwerkes diese Aufgabe übernehmen – sofern die Eigentümergemeinschaft nicht mit absolutem Mehr etwas anderes bestimmt hat.
Wichtigere Verwaltungshandlungen
Sind Geschäfte, die mit hohen oder wiederkehrenden Kosten verbunden sind. Zu diesen Geschäften zählt etwa die Anstellung eines Gärtners. Über wichtigere Verwaltungshandlungen muss die Eigentümerversammlung stets abstimmen und sie mit qualifiziertem Mehr (nach Köpfen und Quoren) beschliessen.
Häufigkeit der Versammlung
Die Eigentümer halten mindestens einmal jährlich eine ordentliche Generalversammlung ab. Die Einberufung sowie die Leitung der Stockwerkeigentümerversammlung wird regelmässig von der Verwaltung übernommen. Darüber hinaus räumt das Vereinsrecht den Stockwerkeigentümern ausserdem die Möglichkeit ein, eine ausserordentliche Stockwerkeigentümerversammlung einzuberufen. Die ausserordentliche Generalversammlung ist dann möglich, wenn zumindest ein Fünftel aller Stockwerkeigentümer die Einberufung verlangt.
Wichtige Regelungen für die Einladung zur Stockwerkeigentümerversammlung
Die Stockwerkeigentümer werden üblicherweise durch den Verwalter zur Stockwerkeigentümerversammlung eingeladen. Bestimmungen bezüglich der Einladungsfrist sind nicht vorgesehen. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass eine Mindestfrist von zehn Tagen eingehalten wird. So haben die Eigentümer die Möglichkeit, sich ausreichend auf die Versammlung vorzubereiten. Wichtig ist jedoch: Die Einladung zur Stockwerkeigentümerversammlung muss alle Traktanden – also eine Ankündigung aller Beschlussgegenstände – enthalten, über die während der Versammlung Beschluss gefasst werden soll. So soll verhindert werden, dass Sie als Stockwerkeigentümer von nicht angekündigten Themen überrascht werden.
Wurde ein Thema nicht in der Einladung angekündigt, kann jeder Eigentümer verhindern, dass zu diesem Thema ein Beschluss gefasst wird.
Dennoch ist es möglich, Beschlüsse während der Stockwerkeigentümerversammlung auch zu nicht traktandierten Themen zu diskutieren. Wird jedoch ein Beschluss zu einem nicht angekündigten Thema gefasst, ist der Beschluss nachträglich anfechtbar. Ausserdem ist ein Beschluss über nicht angekündigte Themen nur dann möglich, wenn alle Eigentümer an der Versammlung teilnehmen. Andernfalls würden die nicht anwesenden Parteien in ihrem Stimmrecht beeinträchtigt.
Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung
Es kann vorkommen, dass nicht alle Mitglieder der Eigentümergemeinschaft an der Stockwerkeigentümerversammlung teilnehmen können oder wollen. Das ist prinzipiell unproblematisch – solange die Versammlung trotz der Abwesenheit einzelner Eigentümer beschlussfähig ist. Beschlussfähig ist die Versammlung dann, wenn zumindest die Hälfte aller Eigentümer, die gleichzeitig zumindest 50 Prozent der Wertquoten innehat, anwesend ist.
Wird dabei gleichzeitig die Anzahl von zumindest zwei Stockwerkeigentümer nicht unterschritten, ist Beschlussfähigkeit gegeben. Liegt keine Beschlussfähigkeit vor, muss die Versammlung vertagt bzw. eine zweite Versammlung einberufen werden. Die zweite Versammlung darf frühestens zehn Tage nach der ersten stattfinden. Bei der zweiten Versammlung ist die Beschlussfähigkeit bereits dann gegeben, wenn zumindest ein Drittel aller Stockwerkeigentümer nach Köpfen (mindestens aber zwei Stockwerkeigentümer) anwesend ist.
Wie kann ein Anwalt bei Fragen zur Stockwerkeigentümerversammlung helfen?
Die Versammlung der Stockwerkeigentümer trifft wichtige Entscheidungen, die auch finanzielle Verpflichtungen für den einzelnen Eigentümer nach sich ziehen können. Entsprechend wichtig ist es, dass bei der Entscheidungsfindung das je nach Geschäft erforderliche Mehr erreicht wird. Welches Mehr für welches Geschäft erforderlich ist, legt Artikel 647 ZGB fest. Wurde das erforderliche Mehr nicht erreicht, der Beschluss aber dennoch gefasst oder sind einzelne Stockwerkeigentümer mit getroffenen Beschlüssen aus anderen Gründen nicht einverstanden, können sie sich innert 30 Tagen gegen die Beschlüsse wehren.
Bei der Beurteilung, welche Erfolgschancen die Anfechtung eines Beschlusses hat, kann ein Anwalt helfen. Ausserdem unterstützt ein Anwalt für Stockwerkeigentum seinen Mandanten selbstverständlich auch dann, wenn dieser bei der Beschlussfassung übergangen, nicht zur Stockwerkeigentümerversammlung geladen oder in anderer Weise in der Ausübung seines Stimmrechts behindert wurde.
FAQ: Stockwerkeigentümerversammlung
Rechtsquellen:
Unsere Autoren erarbeitet jeden Artikel nach strengen Qualitätsrichtlinien hinsichtlich Inhalt, Verständlichkeit und Aufbereitung der Informationen. Auf diese Art und Weise ist es uns möglich, Ihnen umfassende Informationen zu unterschiedlichsten Themen zu bieten, die jedoch keine juristische Beratung ersetzen können.