Stockwerkeigentum § rechtliche Grundlagen, Arten & Pflichten
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In der Schweiz herrscht Platzmangel und es fällt immer schwerer, das nötige Bauland zur Errichtung eines Eigenheims zu finden. Eine „platzsparende“ Alternative, um auch ohne eigenes Baugrundstück an Wohneigentum zu kommen, stellt das Stockwerkeigentum dar. Hierbei erwerben Sie eine Eigentumswohnung und damit einen Teile an einem vorhandenen Grundstück. Was genau das Stockwerkeigentum ist und welche Möglichkeiten, Rechte und Pflichten es mitbringt, erfahren Sie hier.
- Das Wichtigste in Kürze
- Das Stockwerkeigentum ist eine besondere Form des Miteigentums
- Anstatt eines ganzen Grundstücks, erwerben Sie Teile eines Grundstücks oder Gebäudes
- Der Stockwerkeigentümer darf bestimmte Teile eines Gebäudes oder Grundstücks allein nutzen – andere muss er sich mit den Miteigentümern teilen
Rechtliche Grundlagen zum Stockwerkeigentum
Das Stockwerkeigentum ist gesetzlich in Art. 712a ff. ZGB geregelt. Es stellt eine besondere Form des Miteigentums in Kombination mit einem Sonderrecht dar. Das bedeutet: Werden Sie Stockwerkeigentümer, „teilen“ Sie sich ein Grundstück bzw. ein Gebäude mit anderen Stockwerkeigentümern.
Lediglich für gewisse Gebäude- oder Grundstücksteile (z.B. für eine Wohnung) besteht ein Sonderrecht, sodass Sie diesen Teil allein nutzen dürfen. Damit Stockwerkeigentum entsteht, bedarf es einer sogenannten Begründungserklärung oder eines Begründungsvertrags.
Stockwerkeigentum begründen
Die Begründungserklärung oder der Vertrag müssen von einem Notar öffentlich beurkundet werden. Aus der Erklärung oder dem Vertrag geht hervor, welchen Anteil an einem Gebäude Sie erworben haben und für welche Gebäudeteile Ihnen ein Sonderrecht zusteht. Die Gebäudeteile, für die ein Sonderrecht besteht, dürfen Sie allein nutzen. Alle anderen Teile des Gebäudes teilen Sie sich mit den übrigen Stockwerkeigentümern. Wer Stockwerkeigentum erwirbt, erwirbt nicht nur eine Eigentumswohnung, sondern auch einen Teil der Liegenschaft. Die Wertquote ist vor allem relevant für die Berechnung des Kostenanteils der Stockwerkeigentümer.
Nach Vorlage der öffentlich beurkundeten Erklärung bzw. des Vertrags beim Grundbuchamt werden Sie als Stockwerkeigentümer Ihres Anteils in das Grundbuch eingetragen. Welcher Anteil am Gesamtgebäude Sie als Stockwerkeigentümers erworben haben, ist allerdings nicht allein für Ihre Eintragung ins Grundbuch relevant. Vielmehr berechnet sich anhand der Ihnen gehörenden Anteile auch, für welchen Kostenanteil Sie aufkommen müssen. Schliesslich sind Stockwerkeigentümer nicht nur für die Gebäudeteile verantwortlich, für die Sonderrechte bestehen.
Stattdessen müssen sie sich auch etwa für Unterhaltskosten solcher Gebäudeteile anteilig aufkommen, die gemeinschaftlich genutzt werde. Zu den gemeinschaftlich genutzten Gebäudeteilen zählen etwa das Dach, die Fassade, der Garten, das Fundament oder Ähnliches. Für die hierfür anfallenden Unterhalts- und Betriebskosten müssen die Stockwerkeigentümer gemeinsam anteilsmässig aufkommen. Ausserdem müssen sie sich bezüglich geplanter baulicher Massnahmen miteinander abstimmen.
Arten des Stockwerkeigentums
Obwohl gesetzlich nur eine Form des Stockwerkeigentums vorgesehen war, haben sich mittlerweile drei verschiedene Formen etabliert. Gemeinsam haben alle Arten des Stockwerkeigentums dabei: Die Stockwerkeigentümer erwerben stets Miteigentum an einem Gebäude oder einem Grundstück. Sonderrechte stehen ihnen hingegen nur für bestimmte Teile des Gebäudes bzw. des Grundstücks zu. Folgende Arten des Stockwerkeigentums existieren:
- das horizontale Stockwerkeigentum,
- das vertikale Stockwerkeigentum und
- das kombinierte Stockwerkeigentum.
Horizontales Stockwerkeigentum
Ursprünglich sollte das Stockwerkeigentums 1965, als es eingeführt wurde, den Erwerb von (Wohn-)Eigentum für grössere Teile der Bevölkerung ermöglichen. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass Stockwerkeigentümer Eigentum an einer Ebene (einem Stockwerk) eines Gebäudes erwerben würden. Diese klassische Form des Stockwerkeigentums, bei denen Stockwerkeigentum an ein oder zwei Etagen eines Gebäudes erworben wird, nennt sich horizontales Stockwerkeigentum.
Vertikales Stockwerkeigentum
Beim vertikalen Stockwerkeigentum gehören einem Miteigentümer Gebäudeteile, die sich auf einer (gedachten) senkrechten Linie befinden. Das ist etwa bei Mehrfamilienhäusern mit mehreren Wohneinheiten pro Etage denkbar. Das bedeutet, dass die Stockwerkeinheiten vertikal statt horizontal getrennt werden. Vertikales Stockwerkeigentum kommt zum Beispiel bei Terrassenhäusern zum Einsatz.
Kombiniertes Stockwerkeigentum
Diese Art von Stockwerkeigentum wird im Schweizer Zivilgesetzbuch nicht erwähnt. Liegt ein kombiniertes Stockwerkeigentum vor, kann aufgrund der baulichen Gegebenheiten sowohl horizontales als auch vertikales Stockwerkeigentum an einer Immobilie oder einem Grundstück erworben werden. Kombiniertes Stockwerkeigentum findet oft bei Ferienhausanlagen mit mehreren Mehrfamilienhäusern Anwendung.
Stockwerkeigentum Rechte & Pflichten
Als Stockwerkeigentümer hat man einige Rechte, jedoch gibt es auch Pflichten zu beachten. Er sollte auch berücksichtigen, dass er Teil einer Gemeinschaft ist. Stockwerkeigentümer müssen zum Beispiel Sonderrechte beachten. Ausserdem spielt das Stockwerkeigentumsreglement bei den Rechten und Pflichten eine wichtige Rolle. Stockwerkeigentümer sind verpflichtet auf Ihre Nachbarn Rücksicht zu geben und müssen zum Beispiel die Hausordnung beachten.
Sonderrecht des Stockwerkeigentümers
Der Stockwerkeigentümer darf nur die Gebäude- oder Grundstücksteile allein nutzen, für die ein Sonderrecht besteht. Das Sonderrecht bezieht sich dabei regelmässig auf eine Wohnung oder ein gesamtes Stockwerk einer Immobilie. Die Gebäudeteile, für die Ihnen als Stockwerkeigentümer ein Sonderrecht zusteht, dürfen Sie prinzipiell baulich ausgestalten und nutzen, wie es Ihnen beliebt. Sie dürfen Sie ausbauen, vermieten oder leer stehen lassen. Beachten müssen Sie dabei lediglich, dass Sie andere Miteigentümer sowie die Immobilie selbst durch Ihren Umgang mit den Gebäudeteilen nicht beeinträchtigen.
Als Stockwerkeigentümer dürfen Sie Ihre Wohnung prinzipiell gestalten, wie Sie möchten. Allerdings müssen Sie darauf achten, den Erhalt und das Aussehen des gesamten Gebäudes nicht negativ zu beeinflussen. Das bedeutet: Selbstverständlich dürfen Sie auch in Ihrer Wohnung beispielsweise keine tragenden Balken entfernen und so die Stabilität des gesamten Gebäudes gefährden.
Die übrigen Teile der Liegenschaft, für die kein Sonderrecht besteht, sind gemeinschaftliches Eigentum. Zu diesen Gebäudeteilen zählen etwa die Fassade, das Treppenhaus und gemeinschaftlich genutzte Räume (z. B. Fahrrad- oder Wäschekeller). Diese Räumlichkeiten dürfen Sie nur entsprechend den Absprachen mit den übrigen Stockwerkeigentümern nutzen oder gestalten. Die getroffenen Absprachen zur Nutzung der Gemeinschaftsbereiche werden insbesondere im Reglement zum Stockwerkeigentum festgehalten.
Stockwerkeigentumsreglement
Die gemeinschaftlichen Teile eines Gebäudes oder einer Liegenschaft können von den Stockwerkeigentümern nicht nach Belieben genutzt werden. Vielmehr ist die Nutzung dieser Gebäudeteile reglementiert. Woran genau sich die Miteigentümer zu halten haben, legt das Stockwerkeigentumsreglement fest. Prinzipiell ist dabei meist vorgesehen, dass die Stockwerkeigentümer die gemeinschaftlichen Gebäudeteile entsprechend ihrer Zweckbestimmung frei nutzen können – sofern die Rechte der übrigen Miteigentümer dabei nicht verletzt werden.
Hieraus ergibt sich insbesondere das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Treppenaufgänge sind nicht mit Gegenständen zu blockieren, in einem gemeinschaftlich genutzten Aussenbereich sind keine eigenmächtigen Umgestaltungen vorzunehmen, Besucherparkplätze sind freizuhalten und Ähnliches. Wie das Reglement, dass alle Miteigentümer einzuhalten haben, im Detail aussieht, wird im Stockwerkeigentümerreglement durch die Stockwerkeigentümerversammlung festgelegt und niedergeschrieben. Obwohl es nicht vorgeschrieben ist, ein solches Regelwerk zu erstellen, ist es für ein geordnetes Zusammenleben dennoch ratsam. Ist ein Stockwerkeigentümerreglement vorhanden, kann es im Grundbuch angemerkt werden.
Rücksichtsnahmepflicht
Das Stockwerkeigentum bringt einige Pflichten mit sich. Neben der Pflicht zur Rücksichtnahme und der Einhaltung des Stockwerkeigentümerreglements handelt es sich dabei insbesondere um die Pflicht zur Übernahme bestimmter Kosten. Die Kostenübernahme Pflichten ergeben sich insbesondere aus der Verpflichtung aller Miteigentümer, die gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes oder des Grundstücks gemeinsam zu verwalten. Um diese Aufgabe zu erfüllen, wird in der Regel ein Verwalter eingesetzt.
Der Verwalter ist insbesondere dafür verantwortlich, erforderliche Arbeiten (Reinigung, Instandhaltung, Reparaturen) rund um die gemeinschaftlich genutzten Teile der Immobilie zu organisieren. Die Kosten für die erforderlichen Arbeiten müssen von den Stockwerkeigentümern gemeinschaftlich getragen werden. Um die anfallenden Kosten decken zu können, wird üblicherweise ein Erneuerungsfonds durch die Eigentümergemeinschaft eingerichtet. Alle Stockwerkeigentümer sind dazu verpflichtet in den Fonds einzuzahlen. Wie hoch die Beiträge des einzelne Stockwerkeigentümers ausfallen, richtet sich nach seinen Eigentumsanteilen an Immobilie bzw. Grundstück oder nach dem Reglement. Ausserdem sollte man sich als Stockwerkeigentümer an die Nachbarschaftsrechte halten, die ein geordnetes, nachbarschaftliches Miteinander regeln.
Wie kann ein Anwalt für Baurecht beim Thema Stockwerkeigentum helfen?
Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, Stockwerkeigentum zu erwerben, gibt es einiges zu beachten. Schliesslich tragen Sie nach dem Kauf die Verantwortung für eine Fläche, die deutlich grösser ist als die von Ihnen allein genutzte Wohnung. Auch für die gemeinschaftlich genutzten Gebäude- oder Grundstücksteile tragen Sie die Mitverantwortung. Vor dem Kauf des Stockwerkeigentums ist es daher besonders wichtig:
Das Stockwerkeigentümerreglement ausführlich zu studieren, um zu erfahren, welche Rechte und Pflichten mit dem Erwerb des Stockwerkeigentums einhergehen. Die Angaben im Grundbuch sowie in der Teilungserklärung auf Übereinstimmung zu überprüfen Sich über anstehende Sanierungsarbeiten, das Guthaben des Erneuerungsfonds sowie die zukünftig anfallenden Beiträgen, die Sie nach dem Kauf in den Fonds einzahlen müssen, zu informieren. Insbesondere die Auswertung des Stockwerkeigentümerreglements kann im manchen Fällen schwierig sein. Ein Anwalt für Stockwerkeigentum kann Ihnen bei dieser Aufgabe jedoch helfen. So stellen Sie sicher, dass es nach dem Kauf nicht zu bösen Überraschungen kommt und sie alle Verpflichtungen, die auf Sie zukommenden, bereits vor dem Kauf kennen.
FAQ: Stockwerkeigentum
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