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Bauzeitverlängerung § Diese Rechte haben Bauherren

Verzögert sich das Ende der Bauphase, muss der Traum vom Eigenheim warten. Das ist insbesondere für Bauherren ärgerlich und kann überdies hohe Mehrkosten verursachen. Wer die Mehrkosten für eine Bauzeitverlängerung zu tragen hat und welche Rechte dem Bauherren zustehen können, wenn das Bauende auf sich warten lässt, erfahren Sie im Folgenden.

Inhaltsverzeichnis

Definition & Rechtslage der Bauzeitverlängerung

Haben Bauherr und Unternehmer einen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerks oder Teilen davon geschlossen, liegt ein sogenannter Bauwerkvertrag vor. Auf diese Vertragsart ist prinzipiell das Werkvertragsrecht der Artikel 363 ff. des Obligationenrechts (OR) anwendbar.

Üblicherweise beinhalten zwischen Unternehmer und Bauherrn geschlossene Bauwerkverträge ein festes Terminprogramm. Aus ihm ergibt sich, welche Zwischen- und Endterminen für vereinbarte Leistungen gelten sollen. 

Ist es dem Unternehmer allerdings nicht möglich, die vereinbarten Fristen einzuhalten und fällt die Verzögerung in seinen Verantwortungsbereich, kommt er in Bauverzug gemäss Art. 102 ff. Obligationenrecht (OR). Der Bauverzug bzw. die Nichteinhaltung der vereinbarten Fristen haben regelmässig eine Bauzeitverlängerung zur Folge. Für den Bauherrn bedeutet das in erster Linie: Er muss aufgrund der Bauzeitverlängerung länger auf die Fertigstellung seines Hauses warten.

Welche Bauherren-Rechte ergeben sich durch die Bauablaufstörung?

Stellt der Unternehmer das geschuldete Bauwerk nicht zum vereinbarten Termin fertig, stehen dem Bauherrn verschiedene Rechte zu. Insbesondere kann der Bauherr bei jeder Form der Bauzeitverlängerung und der damit verbundenen Nichteinhaltung der vereinbarten Termine eine Nachfrist zur endgültigen Vertragserfüllung setzen – das ergibt sich aus Art. 107 Obligationenrecht (OR). Ausserdem kann der Bauherr den Rücktritt vom geschlossenen Werkvertrag gemäss Art. 109 Obligationenrecht (OR) erklären oder den geschlossenen Vertrag gemäss Art. 377 Obligationenrecht (OR) kündigen.

Kommt es zu einer Bauzeitverlängerung, ist dem Bauherren allerdings nicht immer mit einer Beendigung des Bauwerkvertrags gedient. Schliesslich hat die Verlängerung der Bauzeit nicht nur eine längere Wartezeit auf die Fertigstellung eines Gebäudes zur Folge. Vielmehr entstehen regelmässig Mehrkosten durch die Bauzeitverlängerung, die durch zusätzliche Arbeitszeit des Unternehmers anfallen oder durch Mietausgaben des Bauherrn entstehen können. Wer für Mehrkosten und Mehraufwand der Bauzeitverlängerung aufkommen muss, hängt davon ab, wer die Verlängerung zu vertreten hat.

Zahlung einer Konventionalstrafe durch den Bauunternehmer

Haben Sie mit dem Bauunternehmer vereinbart, dass die SIA-Norm 118 (ein privatrechtliches Regelwerk des schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins) Vertragsbestandteil werden soll, schuldet der Unternehmer Ihnen oft die Zahlung einer Konventionalstrafe, falls es zu einem Bauverzug und einer damit verbundenen Bauzeitverlängerung kommt.

Verschulden: Wer muss für Mehrkosten und Mehraufwand aufgrund der Bauzeitverlängerung aufkommen?

Hält der Werkunternehmer vereinbarte Fristen nicht ein, kann der Bauherr den Bauwerkvertrag beenden. Die Übernahme von durch die Bauzeitverlängerung entstandenen Kosten durch den Werkunternehmer kann er hingegen nur dann verlangen, wenn ein Bauverzug vorliegt. Ein Bauverzug ist allerdings nur dann gegeben, wenn

  • Der vereinbarte Fertigstellungstermin bereits erreicht ist
  • Der Bauherr – sofern kein fester Termin für die Fertigstellung des Bauwerks vereinbart war – den Unternehmer gemahnt hat und
  • Der Unternehmer die Bauzeitverlängerung zu vertreten hat

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Unternehmer nur dann für Mehrkosten und Schäden aufkommen muss, wenn er die Bauzeitverlängerung zu vertreten hat. Vertreten muss der Bauunternehmer die Verzögerung dann, wenn die Gründe für die verspätete Fertigstellung in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das bedeutet, dass er die Nichteinhaltung der Frist zumindest leicht fahrlässig verursacht haben muss. Im Falle von Streitigkeiten zwischen Bauherr und Unternehmer kann eine Bauschlichtung hilfreich sein. 

Kommt es zu einer verzögerten Baufertigstellung, geht das Gesetz allerdings davon aus, dass der Unternehmer die Verzögerung zu vertreten hat. Sie als Bauherr müssen daher erst einmal nicht beweisen, dass der Unternehmer die Verzögerung verschuldet hat. Vielmehr muss der Unternehmer im Zusammenhang mit einer Bauzeitverlängerung Nachweise erbringen, die sein Verschulden widerlegen. Ist geklärt, wer die Bauzeitverlängerung zu vertreten hat, können sich – je nachdem, wer für die Verzögerung verantwortlich ist – unterschiedliche Konsequenzen ergeben:

Verschulden des Bauherrn

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass der Bauherr Verzögerungen des Bauablaufs zu vertreten hat. Das kann etwa dann vorkommen, wenn der Bauherr nachträglich eine andere Ausführung der vertraglich vereinbarten Leistungen verlangt. Oft nimmt die Umsetzung solcher „Sonderwünsche“ mehr Zeit in Anspruch, sodass sich der Ablieferungstermin nach hinten verschiebt. Hat der Bauherr die eingetretene Verzögerung zu vertreten, kann er sie dem Unternehmer selbstverständlich nicht zum Vorwurf machen. Auch für eventuelle Mehrkosten muss der Bauunternehmer dann selbstverständlich nicht aufkommen. Im Gegenteil: Meist kann der Unternehmer eine Vergütung für seinen Mehraufwand – einen sogenannten Nachtrag – verlangen.

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Verschulden des Unternehmers

Hat der Unternehmer den Bauverzug und die daraus resultierende Bauzeitverlängerung zu vertreten, steht dem Bauherrn regelmässig ein Anspruch auf Schadenersatz aufgrund der Leistungsverzögerung zu – Art. 103 Obligationenrecht (OR). Das bedeutet, dass der Unternehmer den Bauherrn finanziell so zu stellen hat, als hätte er die geschuldete Leistung rechtzeitig erbracht. Er muss dementsprechend finanzielle Nachteilen, die aufgrund des Verzugs entstanden sind, ausgleichen. Der Schadensersatzanspruch des Bauherrn kann dabei regelmässig einen entgangenen Gewinn aufgrund ausfallender Mieteinnahmen, Mietkosten für eine Ersatzwohnung oder den Ersatz für Zinsaufwendungen aufgrund einer verlängerten Inanspruchnahme von Krediten umfassen. In diesem Fall ist es in jedem Fall Ratsam, einen Rechtsanwalt für Baustopp und Bauzeitverlängerung zu kontaktieren. 

Verzögerungen durch Dritte

Setzt der Unternehmer Hilfspersonen oder Subunternehmer bei der Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Leistungen ein, wird ihm auch deren Verschulden zugerechnet. Das bedeutet: Verursacht ein Subunternehmer die Bauzeitverlängerung, muss der Bauunternehmer dem Bauherrn dennoch die entstehenden Mehrkosten ersetzen.

So kann ein Anwalt im Falle einer Bauzeitverlängerung weiterhelfen

Kommt es zu einer Bauzeitverlängerung, ist das insbesondere für Sie als Bauherrn enttäuschend. Das ist allerdings noch nicht alles: Durch die Bauzeitverlängerung kann auch ein hoher finanzieller Mehraufwand – etwa für das Mieten einer Ersatzwohnung – entstehen. Es liegt daher auf der Hand, dass Sie als Bauherr einen finanziellen Ersatz für die entstandenen Belastungen wünschen. Allerdings ist es im Einzelfall nicht immer leicht, festzustellen, wer eine Bauzeitverlängerung zu vertreten hat und welche Ansprüche Ihnen als Bauherr zustehen. Ein auf das Baurecht spezialisierter Anwalt kann Ihnen jedoch dabei helfen, die Verschuldensfrage zu klären und zu ermitteln, welche Ansprüche Sie gegen den Bauunternehmer haben. Übrigens: Sollte die Verzögerung in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fallen, muss er später für die für Ihre Rechtsverfolgung anfallenden Anwaltskosten aufkommen.

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FAQ: Bauzeitverlängerung

Bei einer Bauzeitverlängerung handelt es sich um eine sogenannte Bauablaufstörung. Sie tritt dann auf, wenn unvorhergesehene Vorkommnisse, fehlerhafte Planung oder Änderungswünsche des Bauherrn die Einhaltung eines ursprünglich für ein Bauwerk geplanten Fertigstellungstermins unmöglich machen.
Die Mehrkosten, die aufgrund einer Bauzeitverlängerung anfallen, sind von demjenigen zu tragen, der die Verzögerung zu vertreten hat. Das bedeutet: Sowohl Bauherr als auch Unternehmer können zur Kostentragung verpflichtet sein.

Ist der Bauunternehmer für die Verlängerung der Bauzeit verantwortlich, muss der dem Bauherrn Mehrkosten, die aufgrund der Verzögerung anfallen, ersetzen. Er hat den Bauherrn dabei finanziell so zu stellen, als wäre die Verzögerung nicht eingetreten.

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