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Bauwerkvertrag § Rechtslage, Inhalt & Pflichten

Ein Bauprojekt läuft regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg und erfordert zu seiner Umsetzung Arbeitsaufträge unterschiedlicher Unternehmer. Die wichtigste vertragliche Regelung ist in diesem Zusammenhang der Bauwerkvertrag. Dieser Werkvertrag – gelegentlich auch Bauvertrag genannt – verpflichtet einen Unternehmer dazu, ein unbewegliches Bauwerk oder Teile davon zu erstellen. Welche Rechte und Pflichten sich außerdem aus dem Bauwerkvertrag ergeben und wie er sich von ähnlichen Vertragsarten abgrenzen lässt, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis

Rechtslage des Bauwerkvertrag

Der Bauwerkvertrag stellt eine besondere Ausprägung des Werkvertrags nach 363 ff. OR dar. Seine „Hauptaufgabe“ ist es, einen Unternehmer zur vollständigen oder teilweisen Herstellung eines Bauwerks und den Bauherren zur Vergütungszahlung zu verpflichten.

Allerdings trifft das OR in den Art. 363 ff. lediglich allgemeine Regelungen zum Werkvertragsrecht – bau spezifischen Regelungen oder ein Mustervertrag sind nicht enthalten. In der Praxis wird diese „Regelungslücke“ durch die Anwendung eines privaten Normenwerks des SIA (des Schweizerische Ingenieur- und Architektenvereins) geschlossen.

Infografik Bauwerkvertrag
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Der SIA hat insbesondere mit der SIA-Norm 118 anerkannte nationale Regeln geschaffen, welche auf den Bauwerkvertrag anwendbar sind. Obwohl die Regelungen des SIA privater Natur sind, bilden seine vertraglichen Normen eine anerkannte Grundlage für derartige Verträge wie es zum Beispiel auch der Werkliefervertrag einer ist. Um Bestandteil des Vertrags zu werden, wird die SIA-Norm 118 ähnlich allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) angewendet. Das bedeutet: Die SIA-Norm 118 findet im konkreten Fall Anwendung, wenn der Baurechtsvertrag dies ausdrücklich vorsieht. Regelungen zu Bauwerkverträgen sind ein wichtiger Regelungsbereich des zivilen Baurechts.

Vertragsparteien des Bauwerkvertrags

Der Bauwerkvertrag wird zwischen dem Besteller und einem Unternehmer geschlossen. Besteller ist dabei üblicherweise der Bauherr, welcher die vollständige oder teilweise Erstellung eines Bauwerks wünscht. Der Unternehmer ist derjenige, der diese Aufgabe übernimmt. Der Unternehmer, der im Rahmen des Vertrags zu einer Leistung verpflichtet wird, kann als Einzelunternehmer, Generalunternehmer oder Totalunternehmer auftreten:

  • Einzelunternehmer werden durch den Bauwerkvertrag regelmäßig zur Errichtung eines Bauwerkteils verpflichtet.
  • Generalunternehmer fassen verschiedenen Bauleistungen zusammen und bieten regelmäßig die vollständige Realisierung eines Bauprojekts an.
  • Totalunternehmer übernehmen neben der Realisierung eines Bauprojekts auch dessen Planung. Schließt der Bauherr einen Bauwerkvertrag mit einem Totalunternehmer, erhält er ein fertiges Bauwerk sozusagen „aus einer Hand“.
Bauwerkvertrag bei Einschaltung von Subunternehmern?

General- und Totalunternehmer bieten die Realisierung eines ganzen Bauvorhabens bzw. Planung und Realisierung eines kompletten Bauvorhabens an. Regelmässig führen sie aber nicht alle Arbeiten rund um den Bau selbst aus, sondern greifen auf Subunternehmer zurück. Beauftragt der General- oder Totalunternehmer seinerseits einen Einzelunternehmer mit der Erstellung von Gebäudeteilen, ist allerdings von einem Subunternehmervertrag die Rede.

Rechte und Pflichten beim Bauwerkvertrag

Der Bauwerkvertrag als „Unterform“ des gesetzlich genau definierten Werkvertrags ist ein sogenannter „Austauschvertrag“. Das bedeutet: Jeder der beteiligten Vertragsparteien verfolgt eigenen Zwecke. Die Leistungserbringung der Parteien erfolgt im Rahmen des Vertrags ausschließlich, um dafür eine Gegenleistung der anderen Partei zu erhalten. Die im Austausch erbrachten Leistungen bestehen bei einem Werkvertrag im Wesentlichen aus der Erstellung eines Bauwerks und der Werklohnzahlung. Hierin sind die Hauptpflichten von Bauherr und Unternehmer zu sehen.

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Erstellung eines Bauwerks

Im Rahmen eines jeden Werkvertrags verpflichtet sich ein Unternehmer dazu, ein bestimmtes Werk herzustellen. Wird ein Bauwerkvertrag geschlossen, wird daher regelmäßig die Herstellung eines ganzen Bauwerks oder Teilen davon geschuldet. Die Verpflichtung des Unternehmers, ein Bauwerk ganz oder teilweise herzustellen, ist dabei fest mit dem Recht des Bestellers verbunden, die Herstellung des Bauwerks zu fordern.

Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang: Mit dem Abschluss des Bauwerkvertrags schuldet der Unternehmer einen konkreten, fest vereinbarten Arbeitserfolg. Das bloße Tätigwerden oder Bemühen des Unternehmers reicht nicht aus, um den Werklohn verlangen zu können. Dementsprechend endet der Werkvertrag erst dann, wenn der Unternehmer das versprochene Werk vollendet hat. Erst dann, wenn der Unternehmer das versprochene Bauwerk errichtet hat, steht ihm ein Anspruch gegen den Besteller auf Zahlung des vollständigen Werklohns zu.

Die Werklohnzahlung

Während sich der Unternehmer durch diesen Vertrag zur Herstellung eines Bauwerks verpflichtet, verspricht der Besteller im Gegenzug, ihm hierfür einen vereinbarten Werklohn zu zahlen. Das bedeutet: Ist der Unternehmer seiner Verpflichtung, ein Bauwerk zu erstellen, nachgekommen, wird hierdurch die Verpflichtung des Bestellers ausgelöst, ihm den vereinbarten Werklohn zu zahlen. Der Werklohn stellt die Gegenleistung des Bestellers für das erstellte Bauwerk dar. Der Werklohn ist prinzipiell bei Ablieferung des Bauwerks zu bezahlen und wird üblicherweise im Voraus fest vereinbart.

Allerdings hat die feste Vereinbarung des Werklohns nicht nur das Recht des Unternehmers zu Folge, nach Erstellung des Bauwerks die vereinbarte Summe zu verlangen. Vielmehr ergibt sich aus der festen Vereinbarung auch die Pflicht des Unternehmers, das Bauwerk für die vereinbarte Summe zu erstellen. Auch dann, wenn die Auslagen des Unternehmers größer ausgefallen sind als erwartet, darf er nachträglich keinen höheren Werklohn fordern. Fällt die Bauabrechnung durch einen erforderlichen Mehraufwand höher aus als ursprünglich geplant, kann es zu einem Bauabrechnungsstreit zwischen Besteller und Unternehmer kommen. Bei Streitigkeiten kann eine Bauschlichtung behilflich sein um den Streit ohne Bauzivilprozess zu schlichten.

Inhalte des Bauwerkvertrages

Im Wesentlichen wird durch den Vertrag vereinbart, dass der Unternehmer ein Bauwerk errichten und der Besteller ihm hierfür einen Werklohn zahlen muss. Welche weiteren Vereinbarungen Besteller und Unternehmer im Rahmen des Werkvertrags treffen möchten, bleibt weitestgehend ihnen selbst überlassen. Damit die Vertragsabwicklung optimal gelingt, ist es jedoch sinnvoll, sich im Rahmen des Bauwerkvertrags nicht lediglich auf das „Regelungs Minimum“ zu beschränken. Geht es um die Errichtung eines Bauwerks, sind Sie als Besteller schließlich vertraglich oft zur Zahlung hoher Summen verpflichtet. Damit es später nicht zu Unstimmigkeiten mit dem Unternehmer kommt, sollten Sie im Rahmen eines Werkvertrags insbesondere auf folgenden Vertragselementen achten:

  • Eine präzise Leistungsbeschreibung (insbesondere: Was schuldet der Unternehmer?)
  • Zweckbestimmung (Welchen Zweck soll das geschuldete Bauwerk erfüllen können?)
  • Zusicherungen bezüglich der Eigenschaften des geschuldeten Bauwerks
  • Art und Höhe der Vergütung
  • Eventuell vereinbarte Rabatte und Preisnachlässe
  • Einzuhaltende Termine und Fristen (insbesondere Ausführungs- und Zahlungsfristen)

Abgrenzung des Bauwerkvertrags zu ähnlichen Vertragstypen

Manchmal kann es schwerfallen, den Baurechtsvertrag als Unterart des Werkvertrags von artverwandten Verträgen abzugrenzen. Insbesondere Verwechslungen mit dem Kaufvertrag, dem Arbeitsvertrag oder dem Auftrag sind möglich. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass sich diese Vertragsarten insbesondere bezüglich der vertraglich geschuldeten Leistung vom Bauwerkvertrag unterscheiden:

  • Kaufvertrag: Wird ein Kaufvertrag geschlossen, stehen die Übergabe einer Sache und die Eigentumsverschaffung an der Sache im Vordergrund der Vertragsvereinbarung. Wird hingegen ein Bauwerkvertrag geschlossen, steht die Erstellung einer Sache (nämlich des Bauwerks) im Vordergrund.
  • Arbeitsvertrag: Im Rahmen des Arbeitsvertrags verpflichtet sich eine Person dazu, Arbeiten im Dienste des Arbeitgebers zu erledigen. Der Arbeitgeber ist im Gegenzug zur Lohnzahlung verpflichtet. Kennzeichnend ist dabei, dass der Arbeitnehmer in die Arbeitsabläufe des Arbeitgebers eingegliedert wird und weisungsgebunden tätig wird.

Im Falle eines baurechtlichen Werkvertrags sieht das jedoch anders aus: Der Unternehmer schuldet dem Besteller nicht lediglich die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft. Vielmehr schuldet er einen konkreten Erfolg und handelt außerdem selbstständig. Selbstständig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich der Unternehmer seine Zeit frei einteilen und etwa über verwendete Hilfsmittel frei entscheiden kann.

  • Auftrag: Wer einen Auftrag annimmt, verpflichtet sich dazu, Geschäfte für seinen Auftraggeber zu besorgen. Geschuldet ist dabei lediglich das Tätigwerden für den Auftraggeber. Im Falle eines Bauwerkvertrags wird allerdings ein Erfolg statt dem bloßen Tätigwerden geschuldet.

Wie kann ein Anwalt Sie beim Bauwerkvertrag unterstützen?

Sollen Bau- und Planungsarbeiten rund um eine Immobilie durchgeführt werden, sind diese oft mit grösseren Investitionen verbunden. Dementsprechend wichtig ist es für Sie als Bauherrn, der Ausarbeitung von Bauwerkverträgen die erforderliche Aufmerksamkeit zu schenken. So kann vermieden werden, dass es zwischen Ihnen und dem Unternehmer später zu Unstimmigkeiten über die Bezahlung oder über den Umfang und die Qualität der erbrachten Leistungen kommt.

Allerdings fällt es insbesondere unerfahrenen Bauherren schwer, einen schriftlichen Vertragstext selbst klar und vollständig auszuarbeiten. Auch die Konsequenzen und Verpflichtungen, die sich aus einem bereits abgefassten Vertragstext ergeben, sind nicht immer leicht zu überblicken. Ein spezialisierter Anwalt für Bauverträge kann Bauherren und Unternehmern jedoch dabei helfen, einen individuellen Werkvertrag zu erstellen, der den Ansprüchen beider Parteien gerecht wird.

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FAQ: Bauwerkvertrag

Unter einem Bauwerkvertrag ist in der Schweiz eine bauspezifische Form des Werkvertrags zu verstehen. Durch den Abschluss verpflichtet sich ein Unternehmer zur vollständigen oder teilweisen Herstellung sowie Übereignung eines Bauwerks. Der Besteller verpflichtet sich im Gegenzug dazu, dem Unternehmer einen Werklohn zu zahlen.
Ein Bauwerkvertrag ist ein entgeltlicher, bau spezifischer Werkvertrag, der zwischen einem Unternehmer und dem Besteller geschlossen wird. Der Besteller ist der Bauherr. Der beteiligte Unternehmer kann Einzel-, General- oder Totalunternehmer sein.
Durch den Arbeitsvertrag verpflichtet sich eine Person dazu, dem Arbeitgeber ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber verpflichtet sich im Gegenzug zur Lohnzahlung. Wird hingegen ein Bauwerkvertrag geschlossen, verpflichtet sich der Bauunternehmer nicht lediglich dazu, seine Arbeitskraft bei der Errichtung eines Bauwerks einzusetzen. Vielmehr schuldet er einen konkreten Erfolg: ein fertiges, den Vereinbarungen entsprechendes Bauwerk.
Ein Beitrag unserer juristischen Online-Redaktion
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