Wohnrechtsvertrag widerrufen § Rechtslage, Widerruf & mehr
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Der Abschluss eines Wohnrechtsvertrags löst eine weitreichende und langfristige Verpflichtung aus: Der Eigentümer einer Immobilie räumt dem Wohnrechtsberechtigen ein eigenes, dingliches Recht an seinem Eigentum ein, das meist erst mit dem Tod des Berechtigten endet. Ob es dennoch möglich ist, den Wohnrechtsvertrag zu widerrufen und welche Probleme sich ergeben, erfahren Sie im Folgenden.
- Das Wichtigste in Kürze
- Wohnrechtsverträge werden üblicherweise für unbefristete Zeit geschlossen und enden mit dem Tod des Berechtigten
- Ist der Vertrag geschlossen, muss er eingehalten werden. Den Wohnrechtsvertrag widerrufen kann der Wohnrechtsgeber prinzipiell nicht
- Um den Wohnrechtsvertrag zu beenden, ist meist die Einwilligung des Berechtigten erforderlich
Rechtslage zum Wohnrechtsvertrag widerrufen
Das Wohnrecht als Personal-Dienstbarkeiten ist gesetzlich in den Art. 776 bis 778 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) geregelt. Die gesetzlichen Regelungen zum Wohnrecht bestimmen dabei insbesondere den Inhalt des Wohnrechts: Ist ein Wohnrecht vertraglich vereinbart, gibt es einer oder mehreren Personen das Recht, Haus oder Wohnung des Wohnrechtsgebers zu Wohnzwecken zu nutzen. Wie lange der geschlossene Wohnrechtsvertrag Gültigkeit behält, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Vielmehr ist in Art. 776 Zivilgesetzbuch (ZGB) vorgesehen, dass ein Wohnrecht nicht vererbt werden kann.
Hieraus ergibt sich, dass das Wohnrecht mit dem Tod des Wohnrechtsberechtigten endet – gleichzeitig bedeutet das jedoch auch, dass es bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehen soll. Weiterführende gesetzliche Regelungen zur Bestandsdauer des Wohnrechts sind nicht vorhanden. Ist nicht anderes vereinbart, enden Wohnrechtsverträge daher erst mit dem Tod des Berechtigten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zwischen dem Berechtigten und dem Eigentümer des belasteten Grundstücks eine entsprechende Vereinbarung vertraglich getroffen worden ist. Denkbar ist in diesem Zusammenhang etwa eine vertraglich vereinbarte Befristung des Wohnrechts oder die Einräumung einer Widerrufsmöglichkeit. Durch eine einvernehmliche Vereinbarung der Vertragsparteien kann man den Wohnrechtsvertrag auflösen.
Dringend zu beachten ist dabei, dass die gewünschte Vereinbarung bereits bei Abschluss des Wohnrechtsvertrags getroffen und in den Vertragstext aufgenommen werden muss. Das bedeutet: Auch eine Widerrufs- und Befristungsvereinbarung müssen unter Mitwirkung eines Notars öffentlich beurkundeten werden. Ist das nicht der Fall, ist es nicht möglich, den Wohnrechtsvertrag zu widerrufen oder ihn auf andere Weise vorzeitig zu beenden.
Haben Sie einen Wohnrechtsvertrag mit dem Berechtigten lediglich mündlich oder schriftlich geschlossen, besteht keine Notwendigkeit, ihn zu widerrufen. Grund dafür sind die strengen Gültigkeitsvoraussetzungen, die für Wohnrechtsverträge gelten: Ein Wohnrecht entsteht laut Grundbuchrecht nämlich erst dann, wenn der Wohnrechtsvertrag öffentlich durch einen Notar beurkundet und das Wohnrecht in das Grundbuch eingetragen worden ist. Ist das nicht der Fall, ist das Wohnrecht nicht entstanden und es besteht keine Notwendigkeit, den Wohnrechtsvertrag zu widerrufen.
Wie kann ein Wohnrechtsvertrag beendet werden?
Prinzipiell endet der Wohnrechtsvertrag erst mit dem Tod des Berechtigten. Diese Regelung greift lediglich dann nicht, wenn bereits im öffentlich beurkundeten Wohnrechtsvertrag eine anderslautende Vereinbarung getroffen worden ist. Gängig sind dabei folgende Vereinbarungen:
- Die Vereinbarung einer Befristung des Wohnrechtsvertrags
- Die Auflösung des Wohnrechtsvertrags bei Eintritt einer vereinbarten Bedingung
Ferner ist es möglich, den Wohnrechtsvertrag durch Einigung mit dem Berechtigten aufzulösen. Nicht vorgesehen ist es hingegen regelmässig, dass der Wohnrechtsvertrag einseitig durch den Wohnrechtsgeber widerrufen werden kann. Selbst dann, wenn die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Wohnrechtsvertrags vereinbart worden ist, muss ferner beachtet werden, dass das Wohnrecht erst mit seiner Löschung aus dem Grundbuch erlischt. Die blosse Einigung über die Aufhebung des Wohnrechtsvertrags reicht nicht aus. Im Falle, dass ein dingliches Recht wie das Wohnrecht in das Grundbuch eingetragen worden ist, kann eine Grundbuchberichtigungsklage erhoben werden. Wenn Sie sich gegen eine Verfügung des Grundbuchamtes oder gegen die unrechtmässige Nichtvornahme oder Verzögern einer bestimmten Amtshandlung wehren möchten, kann gemeinsam mit einem Anwalt eine Grundbuchbeschwerde erhoben werden.
Den Wohnrechtsvertrag vor Grundbucheintragung widerrufen?
Ist der Wohnrechtsvertrag geschlossen und öffentlich beurkundet, gilt das Wohnrecht damit noch nicht als entstanden. Vielmehr ist das rechtliche Entstehen des Wohnrechts an seine Eintragung in das Grundbuch geknüpft. Oft wird daher angenommen, dass der Wohnrechtsvertrag widerrufen werden kann, solange noch keine Grundbucheintragung stattgefunden hat. Die Annahme ist allerdings falsch:
Wird ein Vertrag widerrufen, wird die im Rahmen des Vertrages gemachte Zusage einseitig zurückgezogen. Dieser Vorgang wird auch Revokation genannt. Allerdings sieht das Schweizer Rechtssystem eine Revokationsmöglichkeit für einmal geschlossene Verträge nicht vor. Vielmehr richtet es sich nach dem Grundsatz „Verträge sind zu halten“. Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es nur dann, wenn sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sind.
Eine gesetzliche Ausnahme zum Widerruf gilt gemäss Art. 404 Obligationenrecht (OR) beispielsweise für den Auftrag. Hier ist die jederzeitige Widerrufbarkeit des Auftrags gesetzlich vorgesehen. Hält das Gesetz eine solche Spezialregelung nicht bereit, gilt für das betreffende Rechtsverhältnis kein Widerrufsrecht.
Haben Sie einen Wohnrechtsvertrag geschlossen und ist die öffentliche Beurkundung bereits erfolgt, bedeutet das für Sie: Mit der öffentlichen Beurkundung sind Sie einen verbindlichen Vertrag eingegangen – den Wohnrechtsvertrag widerrufen können Sie daher prinzipiell nicht mehr. Dass noch keine Eintragung des Wohnrechts in das Grundbuch stattgefunden hat, ist unerheblich. Sind keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen worden, müssen Sie die Eintragung des Wohnrechts in das Grundbuch hinnehmen bzw. sind auf das freiwillige Entgegenkommen des Berechtigten angewiesen.
Widerruf des Wohnrechtsvertrags durch den Berechtigten
Prinzipiell ist es nicht möglich, einen einmal geschlossenen Wohnrechtsvertrag einseitig zu widerrufen. Gleichzeitig besteht das Wohnrecht als Dienstbarkeit aber nur bis zu seiner Löschung aus dem Grundbuch. Hieraus ergibt sich: Möchte der Wohnrechtsberechtigte das ihm eingeräumte Wohnrecht nicht mehr in Anspruch nehmen, kann er seine Löschung aus dem Grundbuch veranlassen. Die Löschung kann gemäss Art. 964 Zivilgesetzbuch (ZGB) durch schriftliche Erklärung des Berechtigten gegenüber dem Grundbuchamt veranlasst werden. Der Eigentümer des mit dem Wohnrecht belasteten Grundstücks muss an der Löschung nicht mitwirken.
Das bedeutet: Obwohl es auch für den Wohnrechtsberechtigten faktisch keine Möglichkeit gibt, den Wohnrechtsvertrag zu widerrufen, kann er dennoch die Löschung des Wohnrechts aus dem Grundbuch veranlassen. Hierdurch wird zwar der Wohnrechtsvertrag nicht rückwirkend beseitigt, das gewünschte Ergebnis (die Beseitigung des Wohnrechts) aber dennoch erreicht.
Wohnrecht aus dem Grundbuch löschen: Diese Kosten fallen an
Entscheidet sich der Wohnrechtsberechtigte, das Wohnrecht aus dem Grundbuch löschen zu lassen, oder einigt er sich mit dem Wohnrechtsgeber hierauf, wird der Wohnrechtsvertrag faktisch widerrufen. In diesem Zusammenhang können Kosten für die Löschung des Wohnrechts aus dem Grundbuch beim Grundbuchamt anfallen. Wie hoch die Gebühren für die Grundbuchänderung dabei genau ausfallen, ist kantonal unterschiedlich geregelt. Möglich ist ausserdem, dass für die Löschung der Dienstbarkeit aus dem Grundbuch keine Gebühren erhoben werden. Kostenfrei ist die Löschung des Wohnrechts beispielsweise im Kanton Uri.
So kann ein Anwalt rund um den Widerruf eines Wohnrechtsvertrags weiterhelfen
Prinzipiell ist es dem Wohnrechtsgeber nicht möglich, einen Wohnrechtsvertrag zu widerrufen oder ihn einseitig zu kündigen. Vielmehr ist der Eigentümer des belasteten Grundstücks an die Vereinbarungen aus dem Wohnrechtsvertrag gebunden – hieran kann regelmässig auch ein Anwalt nichts ändern. Zu bedenken ist allerdings: Soll ein Wohnrechtsvertrag widerrufen werden, geht es regelmässig nicht um die Auflösung des dem Wohnrecht zugrundeliegenden Vertrages. Vielmehr möchte (meist der Wohnrechtsgeber) das Wohnrecht insgesamt beseitigen und seine Löschung aus dem Grundbuch erwirken.
In diesem Zusammenhang kann ein Anwalt dabei helfen, eine einvernehmliche Lösung mit dem Wohnrechtsberechtigten zu finden. Stimmt dieser der Löschung nämlich zu, kann das Wohnrecht beseitigt werden. Ausserdem kann ein Anwalt für Bauverträge bereits bei der Ausgestaltung des Wohnrechtsvertrags beratend hinzugezogen werden. Zeigt sich schon bei der Ausarbeitung des Wohnrechtsvertrags, dass ein Widerruf in der Zukunft nötig werden könnte, kann er den Beteiligten eine passendere Vertragsart (etwa einen Mietvertrag) empfehlen.
FAQ: Wohnrechtsvertrag widerrufen
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